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Verantwortlich für den unterirdischen „Schatz“ der Stadt


Die Fernbedienung um die Hüfte geschnallt steuert Luca Meier, Meister und Fachkraft für Rohr-, Kanal-, und Industrieservice bei den Städtischen Betrieben Minden (SBM), sicher und schnell einen Spül- und einen Saugschlauch von einem Lkw in einen Kanalschacht. In rund 4 Metern Tiefe schießt dann durch den Spülschlauch mit hohem Druck Wasser zur Reinigungsdüse und in den Kanal – ein Szenario, wie es sich von Montag bis Freitag irgendwo und immer wieder im Stadtgebiet abspielt. Denn die Mitarbeiter des Kanalnetzbetriebes sind für die Unterhaltung des rund 650 Kilometer langen Kanalnetzes in Minden verantwortlich – ein unterirdischer „Schatz“ der Stadt. Alle Einwohner*innen sind auf dieses komplexe System und darauf, dass alles problemlos abläuft, angewiesen – in den Häusern und Gebäuden sowie bei Regen.

Die Mitarbeiter spülen und reinigen die Kanäle mit speziellen Fahrzeugen, von denen eines jetzt neu angeschafft und vorgestellt wurde: das Hochdruckspül- und Saugfahrzeug. Es hat rund 426.000 Euro gekostet und ersetzt ein rund 20 Jahre altes Fahrzeug. Das neue ist mit modernster Technik ausgestattet, kann digital und ferngesteuert bedient werden. Es ist mit einem rund 11 Kubikmeter großen Behälter ausgestattet, welcher mit Wasser – entnommen aus der Weser oder anderen Wasserläufen – zum Spülen befüllt wird. Der Wagen hat aber auch eine getrennte Kammer, in der aufgesaugter Schlamm und andere Ablagerungen aufgenommen werden können.

In regelmäßigen Abständen werden die Misch-, Schmutz- und Regenwasserkanäle sowie rund 15.000 Sinkkästen - umgangssprachlich Gully genannt - gespült und gereinigt. „Das ist in der ,Verordnung zur Selbstüberwachung von Kanalisationen und Einleitungen von Abwasser aus Kanalisationen im Mischsystem und im Trennsystem‘ gesetzlich in Nordrhein-Westfalen vorgeschrieben - auch die Intervalle, in denen die Kanäle gereinigt werden müssen“, erläutert Andreas Höppner, Leiter des Kanalnetzbetriebes.

Die Reinigungen werden alle dokumentiert, ebenso wie die ebenfalls zur Pflicht gehörenden Kanal-Inspektionen, für die jetzt ein neues Kamera-Fahrzeug angeschafft wurde. Auch hierfür haben die SBM mehr als 400.000 Euro ausgegeben. Es ersetzt ein rund 14 Jahre altes Fahrzeug. Experte in der Bedienung dieser modernen Technik ist Tim Heuer, auch Fachkraft für Rohr-, Kanal-, und Industrieservice. Er demonstriert, wie ein dickes Kabel mit der schwenkbaren Kamera am Kopf in der Tiefe eines Kanalschachts verschwindet. Was sich dort im Verborgenen abspielt, ist auf einem Monitor hingen am Fahrzeug, aber auch im Regieraum zu verfolgen.

Es können so auch ganz kleine Risse, undichte Stellen an den Übergängen zwischen zwei Rohrstücken, nicht sachgemäß angeschlossene Hausanschlüsse, aber auch große Einbrüche sichtbar gemacht werden. Die 3-D-Aufzeichnungen werden gespeichert und auf einen Server bei den SBM gespielt, wo sie jederzeit abgerufen werden können. Die Berichte der einzelnen Inspektionen werden an das Land und an die Ingenieure des Kanalbaus übermittelt, die bei größeren Schäden den Zustand des Kanals bewerten und ihn gegebenenfalls in den Sanierungsplan aufnehmen, erläutert Höppner.

Alle 15 Jahre muss das gesamte Kanalnetz inspiziert sein. Auch die Sonderbauwerke wie Pumpstationen, Düker, Mischwasserabschläge und Retentionsbodenfilter gehören dazu. Sie müssen auch regelmäßig gereinigt und gewartet werden. „Der momentane Schwerpunkt der Kamera-Inspektionen liegt in der Oberen Altstadt“, berichtet Andreas Höppner. Hier soll das gesamte, ziemlich alte Kanalnetz saniert werden – ein Großprojekt in den nächsten Jahren. Aktuell wird gerade der marode Kanal in der vorderen Königstraße komplett erneuert.

„Undichtigkeiten gibt es oft bei den Hausanschlüssen“, weiß Fachmann Tim Heuer. Auch diese untersucht und dokumentiert der Kanalnetzbetrieb seit einigen Jahren. Vorher waren diese auf der digitalen Karte weiß, also nicht eingetragen. „Keiner wusste bei Bauarbeiten, wo und wie die Hausanschlussleitungen verlaufen“, nennt Heuer das Problem. Nicht immer sind alle Anschlüsse gerade und im 90-Grad-Winkel an den öffentlichen Kanal angeschlossen. Manchmal gibt es auch zwei oder mehr Anschlüsse für ein Grundstück.

„Mit der neuen, sehr flexiblen Schwenkkopfkamera am TV-Fahrzeug können nun all diese Unbekannten untersucht und ans Licht gebracht werden“, so Höppner. Und nicht nur die, denn manchmal gibt es auch Unerwartetes bei den unterirdischen Inspektionen zu sehen. „Ratten sind der Normalfall, große Spinnen und ihre Netze auch“, so Tim Heuer. Außergewöhnlich war es aber, als ihm Sommer 2019 mal eine Waschbärenfamilie in einem Regenwasserkanal an der Pillauer Straße unter die Linse kam. Die flüchtete ins nahe gelegene Nest und musste nicht eingefangen werden, weil sie keine Gefahr darstellte.

Gibt es aber unterirdisch zu viele Ratten in einem Bereich oder werden diese von Anwohner*innen gemeldet, dann werden sie als Schädlinge bekämpft. „Ratten können große Schäden im Kanalnetz anrichten, wenn sie zum Beispiel undichte Stellen vergrößern oder auch direkt den Beton anfressen, um Verbindungen herzustellen, weiß Höppner.

Was der Kanalnetzbetrieb allein 2021 gemacht hat, ist jetzt in einer Betriebsausschusssitzung öffentlich vorgestellt worden: Es wurden 227 Kilometer Kanäle gereinigt und 80 Kilometer Kanäle sowie 800 Grundstücksanschlussleitungen (GAL) inspiziert und vermessen. Kontrolliert wurden innerhalb eines Jahres 156 Regenwasser-Einleitstellen, 49 Druckrohrleitungen und 6 Düker. Das wird mit zwei kombinierten Hochdruckspül- und Saugfahrzeugen, dem neuen TV-Inspektionswagen, sowie einem Spülanhänger inklusive HD-Aggregat und Wassertank für die TV Inspektion zum Einspülen in Grundstücksleitungen erledigt.

Darüber hinaus verfügt der Betrieb noch über zwei 7,5-Tonnen LKW mit Anhänger für Schacht- und Kanalsanierungsarbeiten, einen 18-Tonnen-LKW (Dreiseitenkipper), einen Sinkkastenreiniger, zwei Mobilbagger sowie mehrere Kleinfahrzeuge (offene Pritschenfahrzeuge/Kastenwagen) und einen Radlader.

Im Kanalnetzbetrieb der SBM arbeiten 21 Kolleginnen und Kollegen sowie drei Auszubildende. Er ist an der Werftstraße zu finden und zuständig für die bauliche Unterhaltung, die Kanalunterhaltung und die Sonderbauwerke.

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