"Das neue Wir" - Bürger*innen planen einen Konvent im Stadttheater
Die Stadt Minden beschreitet neue Wege in der Planung einer Veranstaltung für
alle Mindener*innen. Damit zusammenhängend kann das Stadttheater vom 10. bis
12. Februar eine besondere Premiere feiern: Drei Tage
stehen hier unter dem Titel „Das neue Wir“ unter anderem Kultur, Aktionen,
Gespräche und Begegnungen auf dem Programm. Das Theater ist für ein Wochenende
Treffpunkt, Schauplatz und Forum zugleich. Am Freitag, 10. Februar, wird es
einen „Markt der Kulturen“ und ein Weltcafé im TiC geben. Für den Samstag, 11.
Februar, sind Präsentationen auf der Bühne und Workshops vorgesehen. Für den
eigentlichen Konvent am Sonntag, 12. Februar, gab es aber bis zum vergangenen
Wochenende kein konkretes Konzept – ganz bewusst.
„Hier wollten wir als Stadt neue Wege beschreiten“, erläutert die Beigeordnete
für Bildung, Kultur, Sport und Freizeit, Regina-Dolores Stieler-Hinz. Am Anfang
der Idee, die Planung für eine große Veranstaltung zunächst völlig offen zu
lassen, stand die sich durch Zuwanderung verändernde Stadtgesellschaft und das
Thema Integration. Danach haben sich die Beteiligten der jüngsten Kulturklausur
gefragt: „Was kann Kultur als Motor zu Integration und Teilhabe beitragen?“
Herausgekommen sei schließlich, das Stadttheater als „eigentlich etabliertem
Ort“ für alle Einwohner*innen ein ganzes Wochenende lang zu öffnen – ein
Vorschlag von Theaterleiterin Andrea Krauledat.
Als neue Frage warf sich sofort auf, „wie wir das denn planen wollen?“,
berichtet Bildungsplaner Philipp Knappmeyer. Sonst agiere die Stadt bei neuen
Konzepten meist mit so genannten Interessenvertretern. Das sollte für den
Konvent zur „Stadtgesellschaft im Wandel“ nicht so sein. Kein runder oder
eckiger Tisch mit den „üblichen Beteiligten“. Nach dem Beispiel so genannter
„Citizen Panels“, die es als Beteiligungsinstrument in Großbritannien, den
Niederlanden oder auch in Skandinavien seit vielen Jahren gibt - wurden acht
Bürgerinnen und Bürger gezielt angesprochen. Zuvor sind bestimmte Profile – wie
jung, ehrenamtlich engagiert, weiblich oder männlich, berufstätig und Familie –
erstellt worden. Mehrere Bürger*innen wurden gefragt, ob sie Lust und Zeit
haben, sich zwei Tage lang an der Planung eines Konvents zu beteiligen. „Diese
waren relativ schnell gefunden“, so Knappmeyer. Am Ende fehlte dann noch die
Entscheidung über die Methode, wie man sich der eigentlichen Veranstaltung und
dem, was dort passieren soll, nähert.
Es wurde das „Design Thinking“ gewählt, „was eigentlich aus der industriellen
Produktion kommt“, wie Moderatorin Angelika Liebrecht aus Hannover erläutert.
Die Teilnehmer*innen der Planungsgruppe nehmen hierbei die Position der
potenziellen Gäste eines solchen Konvents ein. Über allem stand die Frage: „Wie
gelingt es, Jung und Alt, Familien, Alleinstehende, Alt-Mindener, Menschen mit
Migrationshintergrund und angekommene Geflüchtete ins Stadttheater zu „locken“?
Das war Neuland – nicht nur für die acht Bürger*innen und Bürger, die sich
freiwillig bereit erklärt hatten mitzuwirken – sondern auch für die fünf
begleitenden Verwaltungsmitarbeiter*innen und Stefanie Thomczyk von der Agentur
„Go Between“.
Von eigenen Wünschen an Minden und an die Stadtgesellschaft und über erste
Ideen, was es beim Konvent unbedingt geben muss, wurde zunächst ein Prototyp
für die Veranstaltung am 12. Februar entwickelt. Mit diesem und der Frage „Was
würden sie sich für einen solchen Konvent wünschen?“ konfrontierten die
Teilnehmer*innen dann am Samstagvormittag eine Stunde lang zufällig ausgewählte
Passantinnen und Passanten in der Fußgängerzone – auch das gehört zum „Design
Thinking“. Auf Klemmbrettern wurden die neuen Ideen, Vorschläge, Meinungen und
Anregungen festgehalten. „Dabei ist viel Neues hinzugekommen“, berichtet
Philipp Knappmeyer in einem Pressegespräch am Samstag, 8. Oktober. Das wurde
dann eingearbeitet.
Nachdem noch spezielle Profile für potenzielle Besucher*innen und deren
mutmaßlichen Erwartungen gebildet wurden – wie die geflüchtete Familie, eine
junge Frau oder eine deutsche Familie mit drei Kindern - stand am Ende ein
grobes Konzept für den Konvent am 12. Februar. Es soll auf jeden Fall Musik,
Aufführungen und spontane Life-Acts geben, ein internationales Büffet und am
besten gemeinsame Koch-Aktionen.
Als wichtig festgehalten wurde, auch Möglichkeiten für Begegnungen zu
schaffen, Gespräche zu bestimmten Themen zu führen (Stichworte: Stammtische
oder Speed-Dating), eine Börse – für Jobs, Praktika und Angebote – auf die
Beine zu stellen sowie viele Informationen zu Minden, den Angeboten, zu
Projekten und Stadtentwicklung bereit zu stellen. Stadtbekannte
Persönlichkeiten, Vertreter von Politik und Wirtschaft sollten eingeladen
werden. Es muss unbedingt Mitmachaktionen, Spiele, eine Kinderbetreuung (zum
Bespiel „das Spielmobil kommt) geben. Wünschenswert wären Dolmetscher*innen und
ein Shuttle-Service, weil am Sonntag nur wenig Busse fahren.
Mit diesen erarbeiteten Inhalten machen die Bereiche Bildung und Kultur nun
weiter. Unterstützt wird die Stadt hierbei von der Event-Agentur „Go Between“
aus Bochum. Dazwischen soll die Planungsgruppe noch einmal zusammenkommen. Alle
versprachen in ihrem persönlichen Resümee am vergangenen Samstag „ordentlich
die Werbetrommel“ für den Konvent am 12. Februar zu rühren sowie viele
Bekannte, Freunde und die Familie dafür zu begeistern.
Mit dabei waren am 7. und 8 Februar in den Räumen von PariSozial die
Bürger*innen Ruth Remmers (selbständige Rentnerin), Abubakr Usman
(Nachhilfelehrer und vor 20 Jahren aus Ghana nach Deutschland gekommen), Viktor
Giesbrecht (Küster von St. Martini und ursprünglich aus den ehemaligen
GUS-Staaten), Gudrun Franzius (Ur-Mindenerin und engagiert in der
Flüchtlingshilfe), Thomas Oellermann (Neu-Mitglied im Beirat für Menschen mit
Behinderungen, engagiert unter anderem bei den Fittingen), Julia Paar
(Lehramtsstudentin, engagiert in der Kinder- und Jugendarbeit), Ralf Begemann
(EDV-Fachmann in einem Mindener Unternehmen und Familienvater) sowie Farid
Abawi (Familienvater, vor 16
Jahren aus Afghanistan nach Minden gekommen). Von der Stadtverwaltung wirkten
mit: Andrea Krauledat (Theaterleiterin), Viola Schneider (Theaterpädagogin),
Deborah Hupe (Sozialarbeiterin im Bereich Jugendarbeit/Jugendschutz), Philipp
Knappmeyer (Bildungsplaner) und Susann Lewerenz (Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit).
Pressestelle der Stadt Minden, Susann Lewerenz, Telefon 0571 89204,