Ehrenamtliche und Unternehmen schließen "Gute Geschäfte" ab
Der Gong ertönt um 17.15 Uhr und sofort hebt sich am 14.
September der Geräuschpegel in der Bürgerhalle. Genau 90 Minuten haben
Vertreter*innen von zwölf ehrenamtlichen Organisationen und
Vertreter*innen von acht Unternehmen Zeit, um ins Geschäft zu kommen -
genauer gesagt in „GUTE min+din GESCHÄFTE“. Dieses erfolgreiche Modell des
bürgerschaftlichen Engagements gibt es seit 2013 in Minden. Alle zwei Jahre
können sich ehrenamtlich tätige Bürgerinnen und Bürger und gemeinnützige
Organisationen sowie Unternehmen für den „Marktplatz“ anmelden. Mit den
Vereinbarungen vom vergangenen Donnerstag - das waren insgesamt 14 - sind
bereits mehr als 60 Kooperationen zwischen gemeinnützigen Vereinen und
Organisationen sowie Mindener Unternehmen geschlossen worden.
Eine geschäftige Stimmung liegt in der Luft, nachdem der Erste Beigeordnete
Peter Kienzle die Teilnehmer*innen in der Bürgerhalle begrüßt und die
Spielregeln für den 3. Marktplatz erklärt hatte. An den Stehtischen werden
angeregte Gespräche geführt. Ehrenamtliche tragen gelbe Namensschilder,
Unternehmer*innen blaue. Die drei „Notare“ warten auf die ersten „Verträge“,
die direkt an den Tischen formuliert werden und nach Prüfung einen Stempel
erhalten. Obligatorisch ist der Handschlag zum Abschluss.
Für Fragen und Klärungsbedarfe gibt es drei Makler*innen, die orangefarbene
Schärpen tragen. „Es herrscht eine sehr lockere und geschäftige Atmosphäre, die
Gespräche sind dieses Mal außerordentlich lebhaft und intensiv“, hat Vera
Schmidt, verantwortliche Mitarbeiterin für Bürgerschaftliches Engagement bei
der Stadt Minden, beobachtet. Auch die Mitveranstalter Andreas Chwalek
(Wirtschaftsförderung Stadt Minden) und Marco Mehwald (Freiwilligen-Agentur der
PariSozial) sind sehr zufrieden mit dem Verlauf.
„Der Marktplatz ist dazu da, neue Formen der Kooperation zwischen
Gemeinnützigen und Unternehmen zu entwickeln“, erläutert Bürgermeister Michael
Jäcke, der später dazu stößt, das Ziel. Diese beziehen sich auf Kooperationen,
Austausch von Know-How, Zugang zu Netzwerken, Bereitstellung von Sachmitteln,
Nutzung von Infrastruktur oder einfach auf reine Kreativität. Getauscht werden
auch fachliche Kompetenzen gegen Personal oder Kontakte gegen Sachleistungen.
Die Vereinbarungen werden „stets auf Augenhöhe“ getroffen. Das Thema Geld ist
dabei absolut tabu.
An diesem Abend wurden 14 Engagement-Vereinbarungen unterzeichnet. 2013 und
2015 waren es jeweils mehr als 20. Dennoch sind die Veranstalter zufrieden. „Es
kommt nicht auf die Quantität, sondern auf die Qualität an“, streicht Marco
Mehwald heraus und nennt einige Beispiele für „Gute Geschäfte“ des 3. Mindener
Marktplatz: Das Integrationszentrum HOPE hilft e.V. vermittelt in Workshops im
Autohaus Kleinemeier Kenntnisse zur interkulturellen Kommunikation und kann
dafür im Gegenzug zweimal im Monat einen Kleinlaster für Materialtransporte
nutzen. Die Mindener Stadtwerke führen bei der Mindener Tafel eine
Energieberatung durch und können im Ausgleich ihren Auszubildenden
Sozialpraktika bei der Tafel anbieten. Die Freie Walddorfschule Minden bietet
für Mitarbeiter*innen des Unternehmens Ornamin einen Schmiedekurs an und das
Unternehmen stellt für die Schule bruchfestes Geschirr für den Außenbereich zur
Verfügung.
Einige der Teilnehmer*innen sind „Wiederholungstäter“. Alle legen
dennoch dieselbe Kreativität an den Tag. Zwei Ehrenamtliche einer
Ehe-Beratungsstelle kommen gar im orangefarbenen Outfit mit einem Bauchladen.
Der ist gefüllt mit Informationen und Schokoladen-Käfern. Das geschäftige
Treiben erinnert an eine Börse. Das kommt nicht von ungefähr und ist gewollt.
Auch der Gong gehört dazu. 15 Minuten vor Schluss schlägt Bürgermeister Michael
Jäcke den Gong und fordert dazu auf, sich „noch mal richtig ins Zeug zu legen“.
Nach 90 Minuten ist alles vorbei. Zum Ausklang gibt es kalte Getränke und einen
Imbiss.
Die Idee des Marktplatzes kommt
aus den Niederlanden und ist dort seit 2006 ein voller Erfolg. Der Mindener
Marktplatz ist ein Gemeinschaftsprojekt der Stadt Minden und der
Freiwilligen-Agentur der PariSozial Minden-Lübbecke/Herford. Aktiv unterstützt
wird die Veranstaltung von der Kreishandwerkerschaft Wittekindsland, dem
Bundesverband mittelständische Wirtschaft sowie dem Arbeitgeberverband im Kreis
Minden-Lübbecke.
Bereits bei den vergangenen
Veranstaltungen zeigten alle Beteiligten viel Ideenreichtum in den
geschlossenen Verträgen. „Rampe gegen Sommerfest“ lautete zum Beispiel eine
Vereinbarung zwischen dem Metallbau-Unternehmen Welschar und dem Förderverein
Sommerbad e.V. Das Unternehmen Ornamin stellte Geschirr für die Mindener Tafel
zu Verfügung. Im Gegenzug bot die Tafel Praktikumsplätze an. Über die
Kooperation „Praktikumsbörse“ zwischen der gemeinnützigen Lebenshilfe Arbeit
GmbH und der EDEKA Minden-Hannover konnten sechs Mitarbeiter*innen der Lebenshilfe
einen Arbeitsplatz bei der EDEKA in Minden finden. Aus einigen, als einmalige
Aktion gedachten „Guten Geschäften“ sind dauerhafte nachhaltige Kooperationen
zwischen Unternehmen und gemeinnützigen Institutionen entstanden.
Pressestelle der Stadt Minden, Susann Lewerenz, Telefon 0571 89204,