Ehemaliges Güterbahnhofsgelände wird von Altlasten befreit
Die Stadt Minden will das Rechte Weserufer im Rahmen eines
Integrierten städtebaulichen Konzeptes (ISEK) entwickeln und hat dafür Ende
2016 ein 43.000 Quadratmeter großes Grundstück auf dem Gelände des ehemaligen
Güterbahnhofs gekauft. Doch bevor die Fläche wieder genutzt werden kann, ist
eine Sanierung der Altlasten notwendig. Die Belastungen im Boden und im Grundwasser
sind aus der Nutzung eines Gaswerkes und durch den Bahnbetrieb –
Bahnwerkstätten und Schienenverkehr - entstanden.
„Altlastensanierungen sind oft aufwändig und kostenintensiv und für die
Entwicklung einer Fläche damit ein großes Problem“, weiß Ekkehard Jansa, bei
der Stadt Minden für die Aufgabe Umwelt und Altlasten zuständig. Ohne
finanzielle Unterstützung wäre die Stadt hier wohl in nächster Zeit nicht tätig
geworden. So hat die Verwaltung Mitte 2016 Kontakt mit dem AAV aufgenommen und
das Projekt angemeldet.
AAV steht für den „Verband für Flächenrecycling und Altlastensanierung“ mit
Sitz in Hattingen. Dieser fördert seit 1989 die Untersuchung, Aufarbeitung und
Sanierung von Altlastenflächen. Ende 2016 wurde - nach Beschluss der
Delegiertenkonferenz – das ehemalige Gaswerk und der ehemalige Güterbahnhof in
Minden in den Maßnahmenplan 2017 aufgenommen. Hauptziel des Projektes ist laut
Maßnahmenplan das Flächenrecycling dieses „Altstandortes mit
Grundwasserverunreinigung“.
„Das war eine sehr gute Nachricht, weil der AAV hiermit eine Zusage für 80
Prozent der Kosten für die Sanierungsuntersuchung, Sanierungsplanung und
anschließenden Altlastensanierung übernimmt“, erinnert sich Jansa. 20 Prozent
trägt die Stadt Minden.
In zwei Gerichtsverfahren (Bahn AG gegen Stadt Minden) ging es um
die Feststellung des Ordnungspflichtigen für den Zeitraum ab dem Betrieb eines
Gaswerkes bis zur Aufgabe und der sich dort anschließenden gewerblichen
Nutzung. Nach dem endgültigen Gerichtsentscheid ist die Stadt Minden allein
verantwortlich für die vom Gaswerksgelände ausgehenden negativen
Umwelteinwirkungen. Auf einer etwa 7.000 Quadratmeter großen Teilfläche im
Nordwesten des Gesamtgeländes befand sich von 1868 bis 1933 das Gaswerk, das
von der Stadt Minden betrieben wurde. Nach den bisherigen Erkenntnissen ist der
Untergrund in diesem Bereich erheblich durch gaswerkstypische Schadstoffe,
insbesondere PAK (Polycyclische Aromatische Kohlenwasserstoffe), Cyanide
(giftige Salze der Blausäure) sowie MKW (Mineralölkohlenwasserstoffe),
verunreinigt.
Der ursprüngliche Blindgängerverdacht von Bombenabwürfen aus dem Zweiten
Weltkrieg auf der Fläche an zwei Punkten hat sich nach Untersuchungen des
Kampfmittelräumdienstes der Bezirksregierung Arnsberg im November 2017 als negativ
erwiesen.
In der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Bauen, Umwelt und Verkehr hat sich
der AAV nun den Vertreterinnen und Vertretern der Politik vorgestellt. Rund 130
Projekte habe der Verband bereits in Nordrhein-Westfalen abgeschlossen. 52
laufen, darunter auch das Mindener, berichtete Dr. Ernst-Werner Hoffmann
(Bereichsleiter Technik). Für den nächsten Schritt müsse nun ein
öffentlich-rechtlicher Vertrag zwischen der Stadt Minden, dem Kreis
Minden-Lübbecke in seiner Funktion als untere Bodenschutzbehörde und dem AAV
abgeschlossen werden.
Der der Stadt jetzt im Entwurf vorliegende Vertrag regelt die Planungen und
Untersuchungen auf dem 43.000 Quadratmeter großen, städtischen Gelände. In
einem weiteren Vertrag, der unterzeichnet wird, wenn die Untersuchungsergebnisse
vorliegen, wird die eigentliche Altlastensanierung geregelt. „Das Ganze wird
rund zweieinhalb Jahre dauern“, schätzt Dr. Hoffmann. Sowohl die Planungen als
auch die Untersuchungen und später die Ausführung der Sanierung müssen öffentlich
ausgeschrieben werden, so der Technische Leiter.
Zu den Aufgaben des AAV, der „quasi ein Landesverband sei“, zählen unter
anderem das Flächenrecycling, die Altlastensanierung, bergbauliche Altlasten
sowie weitere Projekte, die alle zum Ziel haben, dass Brachflächen wieder
genutzt werden. Oft können sich Städte und Gemeinden dieses allein nicht
leisten. Zentrale Flächen würden damit für eine andere Nutzung erschlossen, so
Dr. Hoffmann. Kleine Flächensanierungen seien das Spezialgebiet des AAV. „Wir
sind daher sehr froh, dass es dieses Instrument gibt“, machte Beigeordneter
Lars Bursian im Fachausschuss deutlich.
Der AAV finanziert sich im Schwerpunkt aus Landesmitteln. Rund 7
Millionen Euro kommen jährlich aus Düsseldorf, 1 Million von den Kommunen (Kreise
und kreisfreie Städte) sowie 500.000 Euro aus der Industrie. Somit stehen pro
Jahr mindestens 8,5 Millionen Euro für Projekte zur Verfügung.
Bis es zur eigentlich Zusage für eine Beteiligung des AAV an einer
Altlastensanierung oder einem Flächenrecycling kommt, gibt es folgenden Ablauf:
1. Anmeldung der Projekte durch die Kommunen, 2. Prüfung der
Eintrittsvoraussetzungen, 3. Vorstellung in den Gremien, 4. Aufnahme in den
Maßnahmenplan, 5. Dringlichkeitsbewertung, 6. Öffentlich rechtlicher Vertrag
und 7. Maßnahmenträgerschaft und Finanzierung. Danach erfolgt die
Sanierungsuntersuchung, -planung und -durchführung. Das Ganze wird durch
Steuerung und Controlling seitens des AAV begleitet. Die letzten Schritte sind
die Freistellung – damit ist die Begrenzung der öffentlich-rechtlichen Haftung
von Sanierungspflichtigen nach einer erfolgten Sanierung sowie der Verzicht der
zuständigen Bodenschutzbehörde auf weitergehende Maßnahmen gemeint - und
gegebenenfalls ein Wertausgleich.
Nähere Informationen zum AAV
Die Hauptaufgabe des AAV ist die Projektträgerschaft bei folgenden Maßnahmen:
1. Sanierungsuntersuchung, -planung und Sanierung von Altlasten oder schädlichen Bodenveränderungen, nach Vorschriften des Bundes-Bodenschutzgesetzes einschließlich der im Zusammenhang damit auszuführenden Maßnahmen.
2. Flächenrecycling, um Brachflächen und Altlastengrundstücke für eine neue Nutzung zu reaktivieren und damit den Flächenverbrauch naturnaher und landwirtschaftlich genutzter Flächen zu reduzieren.
3. Entwicklung und Erprobung neuer Technologien und innovativer Verfahren zur Sanierung von Altlasten und schädlichen Bodenveränderungen und zur Förderung des Flächenrecyclings.
Beratung der Mitglieder
Seit der Novellierung des AAVG (Altlastensanierungs- und Altlastenaufbereitungsverbandsgesetz) im April 2013 wurde das Beratungsspektrum für die Mitglieder um zusätzliche Möglichkeiten erweitert. Der AAV berät und unterstützt seine Mitglieder
• bei der Umsetzung der europäischen Industrieemissions- und der Wasserrahmenrichtlinie,
• bei der Einführung und Anwendung neuer Techniken zur Sanierung von Altlasten und schädlichen Bodenveränderungen,
• bei Erbringung von Sicherheitsleistungen für Abfallentsorgungsanlagen,
• durch Moderation und Mediation bei Altlasten und schädlichen Bodenveränderungen,
• in Fragen der Sanierung von Altlasten und schädlichen Bodenveränderungen sowie des Flächenrecyclings.
Er kann unter bestimmten Voraussetzungen Garantien und Bürgschaften übernehmen,
um befürchtete Restrisiken bereits sanierter Grundstücke begrenzt aufzufangen
(Altlastenrisikofonds). Ferner kann er unter bestimmten Bedingungen bei
bergbaulichen Altlasten tätig werden.
Der AAV
• wurde 1988 als Körperschaft des öffentlichen Rechts gegründet (AAV-Gesetz und Satzung).
• unterstützt in Nordrhein-Westfalen Kreise, Städte und Gemeinden.
• saniert auf Antrag der Kommunen bestimmte Altlastenflächen, wenn zum Beispiel kein Verantwortlicher mehr festgestellt oder herangezogen werden kann oder die Gemeinde selbst ordnungspflichtig ist.
• bringt dabei grundsätzlich 80 Prozent der finanziellen Mittel auf und übernimmt die Maßnahmenträgerschaft.
• bringt seine vielfältigen Erfahrungen und personellen Kapazitäten in
die Umsetzung der Maßnahmen ein.
Pressestelle der Stadt Minden, Susann Lewerenz, Telefon 0571 89204,