Eine etwas verbesserte Gesamt-Note, Platz 28 bundesweit (2022: Rang 52) und Platz 9 in Nordrhein-Westfalen (2022: Rang 17) in der Gruppe der ähnlich großen Städte (50.000 bis 100.000 Einwohner*innen) – das ist zusammengefasst das Ergebnis des jüngsten Fahrradklima-Tests für Minden. Diesen veröffentlicht der ADFC (Allgemeine Deutsche Fahrradclub) mit Unterstützung des Bundesverkehrsministeriums alle zwei Jahre. 245.000 Bürger*innen haben bundesweit an der repräsentativen Umfrage teilgenommen, die vom 1. September bis zum 30. November 2024 lief. 1.047 Städte kamen in die Wertung. Die Stadt Minden hatte im Herbst 2024 den bundesweiten Aufruf unterstützt.
„Das Fahrradklima in Deutschland hat sich leicht verbessert, bleibt aber insgesamt unbefriedigend.“ Dieses Gesamtfazit zieht der ADFC. Deutschlandweit bewerteten Rad fahrende Bürger*innen zum 11. Mal die Sicherheit, Komfort, die Infrastruktur, das Miteinander im Verkehr, Rücksichtnahme, Spaß und Service im Radverkehr – dieses Mal mit der Schulnote 3,92 (2022: 3,96). Minden erhielt die Note 3,8 (2022: 4,02) „und konnte im Vergleich zu 2022 bundesweit ganze 24 Plätze gut machen“, stellte der Fahrradbeauftragte der Stadt Minden, Jonas Göber (Bereich Verkehr), in der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Klimaschutz, Umwelt und Verkehr heraus.
Eine „3,8“ sei zwar immer noch nicht gut, aber es sei zu erkennen, dass städtische Maßnahmen in den Jahren 2023 und 2024 zur Verbesserung des Radverkehrs in Minden bei der jüngsten Umfrage „gefruchtet haben“, so Göber. Daran könne die Stadt Minden nun anknüpfen und weitere Verbesserungen anschieben. Die Ergebnisse der Befragung stellten eine wichtige Rückmeldung für die politisch Verantwortlichen und Verkehrsplaner*innen in Minden dar, so der Leiter des Bereiches Verkehr, Gunnar Kelb. Die Verbesserung des Fahrradverkehrs sei Teil des Mobilitätskonzeptes, welches 2016 aufgestellt wurde. Dieses bilde die Arbeitsgrundlage für die Verkehrsplanung der Stadt bis zum Jahr 2031.
Gut bewertet wurde in Minden bei der jüngsten Umfrage die Führung in Baustellenbereichen. Auch die Förderung des Fahrradverkehrs insgesamt wurde von den Befragten positiv gesehen. „In Minden kann man zügig Radfahren. Auch das sticht bei den Stärken heraus. Bemängelt wird weiterhin, dass es keine öffentlichen Fahrräder und keinen Fahrradverleih in der Stadt gibt. Der Fahrraddiebstahl ist weiter ein Problem“, so Göber weiter. Schlecht schnitt Minden auch bei der Fahrradmitnahme im ÖPNV ab. Das sei aber zu relativieren. Denn nur wenige Menschen in der Stadt vermissen die Möglichkeit der Fahrradmitnahme. In Minden fahre man Bus oder Rad, so Göber. Die zurückzulegenden Strecken seien meist nicht weit, so dass der Kombinierte Verkehr selten genutzt werde.
Bei den 32 Fragen in der jüngsten ADFC-Umfrage ging es unter anderem darum, ob das Radfahren Spaß macht oder Stress bedeutet, ob Radwege von Falschparkern frei gehalten werden, ob man sich als Verkehrsteilnehmer*in ernst genommen fühlt und ob sich das Radfahren in der Stadt auch mit Kindern sicher anfühlt. Minden konnte sich hier mit der Aufbringung von rund 500 Fahrradpiktogrammen im gesamten Stadtgebiet, mit der Einrichtung von rot markierten Spuren auf Kreuzungen und mit der stets mitgedachten Radverkehrsführung bei verkehrsrechtlichen Anordnungen in Baustellen punkten.
Schwerpunktthema war 2024 das „Miteinander“ im Verkehr. Der ADFC stellte dazu fünf Fragen. Das waren: „Verhalten sich die Verkehrsteilnehmer*innen freundlich und rücksichtsvoll?“ (Note für Minden: 4,1), „Überholen Autos Radfahrer*innen mit ausreichendem Abstand?“ (4,5), „Gibt es selten Konflikte zwischen Radfahrer*innen?“ (3,1), „Wird sichtbar für ein rücksichtsvolles Miteinander im Verkehr geworben (z.B. Sicherheitsabstand)?“ (4,0) und „Handeln Politik und Verwaltung so, dass es keine Verkehrstoten und Schwerverletzten mehr gibt?“ (4,0). Minden lag mit diesen Bewertungen auf dem durchschnittlichen Level der Ortsgrößenklasse (50.000 bis 100.000 Einwohner*innen), so Göber.
Für den Mindener Radverkehrsbeauftragten bedeuten die Ergebnisse der Zusatzfragen, dass „das allgemeine Verkehrsklima weiter aufgeheizt ist“. Aggressives Verhalten gehöre leider oft zum Alltag. Es spiele dabei keine Rolle, welche Rolle der Mensch als Verkehrsteilnehmer gerade einnehme: ob als Fußgänger*in, Radfahrer*in oder am Steuer eines Autos. Er wünsche sich mehr Verständnis füreinander und mehr Rücksichtsnahme aufeinander. Das könne viele Gefahrensituationen und Unfälle verhindern, so Jonas Göber.
Der ADFC-Fahrradklima-Test ist gleichsam ein Zufriedenheits-Index und Stimmungsbarometer der Radfahrenden in Deutschland. „Die Ergebnisse sind für Kommunen eine Orientierungshilfe und helfen den einzelnen Städten und Gemeinden dabei, auch Vergleiche zu anderen Orten zu ziehen, ihre Stärken und Schwächen zu identifizieren und so gezielt Maßnahmen zu ergreifen“, so der Städtetag NRW.
Damit fundierte Ergebnisse erzielt werden können, müssen pro Stadt (50.000 bis 100.000 Einwohner*innen) mindestens 50 Teilnahmen vorliegen. Bei größeren Städten sind mindestens 75 beziehungsweise 100 Abstimmungsergebnisse nötig. 376 Bürger*innen haben für Minden abgestimmt beziehungsweise sich beteiligt. Alle Ergebnisse des Fahrradklima-Tests 2024 und auch die für Minden können Interessierte hier https://fahrradklima-test.adfc.de/ergebnisse abrufen.
Was hat die Stadt Minden schon alles für die Fahrradfreundlichkeit gemacht?
Bereits im Jahr 2010 hat die Stadt ein Radverkehrskonzept aufgestellt. „Fahrradfreundlichkeit und die Förderung des Radverkehrs haben eine hohe Bedeutung in Minden. Die Umstellung auf eine klimafreundlichere Mobilität hat Zukunft und fließt in ganz viele Planungen ein“, streicht der Beigeordnete für Städtebau und Feuerschutz, Lars Bursian, heraus. Bereits seit 1996 ist die Stadt Mitglied in der „Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in NRW e.V.“ (AGFS).
Seit dem letzten Fahrradklimatest sind viele weitere Maßnahmen für noch mehr Fahrradfreundlichkeit in Minden umgesetzt worden. Dazu gehört auch die im Sommer 2023 eingerichtete Übergangslösung an der Bahnunterführung Viktoriastraße. Eine Fahrspur stadteinwärts wurde eingezogen und steht nun ausschließlich den Radfahrenden, wozu an Wochentagen auch viele Schüler*innen gehören, zur Verfügung. „Die gefährliche Situation auf dem engen Fuß- und Radweg wurde häufig – auch im Fahrradklimatest - bemängelt. Mit der Maßnahme konnte die Sicherheit der Radfahrer*innen in diesem Bereich erheblich verbessert werden“, macht Gunnar Kelb deutlich.
Punkten kann Minden auch mit der Markierung von „Piktogrammketten“. Diese wurden im August und September 2024 auf 16 unterschiedlichen Straßenabschnitten aufgebracht. Für die Maßnahme hat die Stadt im Mai 2023 einen Förderantrag beim Land Nordrhein-Westfalen gestellt, der im Oktober letzten Jahres bewilligt wurde. Insgesamt wurden im Stadtgebiet rd. 500 Piktogramme markiert. Die berechneten Kosten in Höhe von rund 42.000 Euro werden zu 80 Prozent vom Land aus dem „Förderprogramm Nahmobilität“ gefördert. Den übrigen Teil trägt die Stadt. Es sei für die Aufbringung von weiteren Piktogrammen ein neuer Förderantrag gestellt worden, berichtete Jonas Göber am 8. Oktober im Fachausschuss.
Auch mehrere Kreuzungen (u.a. Lübbecker Straße/Mindener Straße und Klausenwall/Schwichowwall/Johannsenstraße) wurden in den vergangenen Jahren fahrradfreundlich umgestaltet. Radfahrer*innen erhielten eigene Ampeln, die ihnen etwas früher „Grün“ zeigen als dem Autoverkehr. Außerdem wurden die Radweg-Furten an die Fahrbahn heran verlegt, so dass der Radverkehr näher ins Blickfeld des Autoverkehrs gerät und ein geradliniges Befahren der Kreuzung möglich ist. Darüber hinaus wurden die Furten rot eingefärbt. Auch viele Schutzstreifen sind zwischenzeitlich in kritischen Kreuzungsbereichen rot eingefärbt worden. „All diese Punkte dienen der Verkehrssicherheit der Radfahrenden in den Kreuzungen“, so Kelb.
Zu mehr Fahrradfreundlichkeit trägt auch der Aufbau vieler neuer Fahrradbügel an mehreren Stellen im gesamten Stadtgebiet bei.