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„Etwas Neues schaffen, das sich harmonisch einfügt“


Auf dem Grundstück Markt 3-5 in der Mindener Innenstadt soll bis Ende 2027 ein neues Geschäftshaus entstehen. In dem Komplex befand sich das ehemalige Kaufhaus Becker und zuletzt eine Filiale einer Spielzeug-Kette. Einziehen sollen in das künftige Gebäude mit Rundbögen im Erdgeschoss, einem Ziergiebel und einer Klinkerfassade voraussichtlich zwei gastronomische Betriebe, ein Hotel, Arztpraxen und weitere Mieter, die Büroflächen nutzen wollen, teilt der Geschäftsführer der Wohnhaus Minden GmbH, Eugen Pankratz, mit. Die Verträge stünden kurz vor dem Abschluss.

„Wir möchten, dass sich das neue Gebäude harmonisch in die Umgebung einfügt“, stellte er heraus. Außerdem soll mit dem Projekt und den entstehenden Arbeitsplätzen mehr Frequenz und Kaufkraft in die Innenstadt gezogen werden. Ihre Pläne hat die Wohnhaus Minden GmbH in Zusammenarbeit mit dem Architekturbüro JWA, Berlin, am Mittwoch, 24. September, im Ausschuss für Stadtentwicklung und Bauen öffentlich vorgestellt. Diese wurden insgesamt positiv von den Ausschussmitgliedern aufgenommen. Gelobt wurde der Entwurf an sich, die künftige Aufwertung der Front am Markt, die durchdachte flexible Nutzung und die Berücksichtigung der Historie bei den Planungen.

Das Investitionsvolumen belaufe sich auf rund 15 Millionen Euro, so Pankratz. Zunächst werde das bestehende und nach Aussage des Bauherren nicht sanierungsfähige Gebäude zurückgebaut, um Platz für den Neubau zu schaffen. Mit den Abrissarbeiten soll im rückwärtigen Bereich des Grundstücks noch in diesem Jahr begonnen werden. Die Gebäudeteile am Markt bleiben – mit Rücksicht auf dem Weihnachtsmarkt - noch mindestens bis zum Ende des Jahres 2025 stehen. 

Im hinteren Bereich der Fläche gibt es nah am ehemaligen Dombezirk ein Bodendenkmal, welches nach dem Abriss von Archäologen untersucht und dokumentiert werden muss. Das sei bekannt, so Architekt Jan Wiese (Geschäftsführender Gesellschafter, JWA, Berlin), der gebürtig aus Minden-Leteln kommt. Es sei ihm ein „Herzensanliegen“ gewesen, an einem so zentralen und historischen Ort seiner Heimatstadt etwas Neues zu schaffen, das sich nicht nur gut einfügt, sondern auch Elemente aus benachbarten Häusern aufnimmt und gleichzeitig moderne Akzente setzt. Die Grundrisse des Neubaus können flexibel angepasst werden, um verschiedene Nutzungen zu ermöglichen. „Die Anpassungsfähigkeit des Gebäudes leistet einen wertvollen Beitrag zur Nachhaltigkeit“, ist der Architekt überzeugt.

 „Der Standort am historischen Marktplatz bedeutet eine große Verantwortung für uns. Wir möchten den Charakter des Platzes bewahren“, streicht Eugen Pankratz heraus. „Große Ziergiebel haben einst den Marktplatz an dieser Stelle geprägt, so wie es in Minden vielerorts auch heute noch zu sehen ist“, ergänzt Architekt Jan Wiese. Nicht nur die Höhe, sondern auch die Fassadengestaltung orientiere sich an der Umgebung: Geplant ist eine Ziegelsteinfassade, deren Farbigkeit noch mit der Denkmalbehörde abgestimmt wird. „Die Stadt Minden hat uns digitale Vermessungsdaten zur Verfügung gestellt, auf deren Grundlage wir die umliegenden Gebäudehöhen einordnen konnten“, so Wiese. Auf Basis dieser Erkenntnisse wurde ein sechsgeschossiges Gebäude entwickelt, dessen finaler Entwurf in mehreren Gesprächen gemeinsam mit der Stadt überarbeitet wurde. 

Das nicht unter Denkmalschutz stehende, jetzige Gebäude – bekannt als ehemaliges Kaufhaus Becker - hatte die Wohnungsbau-Gesellschaft bereits im Jahr 2019 erworben und zunächst eine Sanierung des Bestandes sowie eine weitere Nutzung als Geschäftshaus geplant. Dann kam die Corona-Pandemie. Die Wohnhaus GmbH beauftragte zunächst eine Schadstoffsanierung. Dann kristallisierte sich in der weiteren Planung heraus, dass der verschachtelte Gebäudekomplex mit unterschiedlichen Geschosshöhen keine optimale Nutzung und auch keine Barrierefreiheit bot, so Pankratz. Zusammen mit Architekt Jan Wiese, der ein 40-köpfiges Büro in Berlin führt, wurden dann Pläne für einen Neubau aufgenommen, die jetzt der Öffentlichkeit vorgestellt wurden. 

„Es gab mit Blick auf die Innenstadtgestaltung an einem so wichtigen Ort eine enge Zusammenarbeit mit dem Bauherren und dem Planer“, unterstreicht der Beigeordnete für Städtebau und Feuerschutz, Lars Bursian. Die Untere Denkmalbehörde der Stadt, wegen der benachbarten historischen Gebäude, der Bereich Bauordnung und auch der Bereich Geoservice seien beteiligt gewesen. Das nach dem Zweiten Weltkrieg neu entstandene, vielfach um- und angebaute Gebäude am Markt  sei nicht schützenswert und dürfe abgerissen werden. Es bestehe nach § 34 Baugesetzbuch Baurecht, so Bursian. Dieser Paragraf regelt die Zulässigkeit von Bauvorhaben im unbeplanten Innenbereich und im Zusammenhang bebauter Ortsteile, für die kein Bebauungsplan existiert. Ein Vorhaben sei zulässig, „wenn es sich in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist“. 

Die Planungen für diesen stadtgestalterisch „sensiblen Ort“ seien herausfordernd gewesen, berichtet Jan Wiese im Ausschuss. Ausgehend vom maximal möglichen Volumen, dass nach und nach reduziert worden ist, sei nun ein lichter und gestaffelter Baukörper entstanden. Viele Modelle wurden im Zeitraum der laufenden Planungen erstellt und in die Umgebung eingefügt und dann doch wieder umgeplant. „Wir haben geknetet“, beschreibt der Architekt den längeren Prozess. Alle Beteiligten zeigten sich am Ende mit dem finalen Entwurf „sehr zufrieden“. 

Auf der künftigen, rund 750 Quadratmeter großen Erdgeschossfläche ist viel Raum für mindestens zwei gastronomische Angebote. Ebenfalls ebenerdig wird der Haupteingang für das Hotel und die oberen Geschosse zu finden sein. Im Keller wird die Technik für das Gebäude und eine Fahrrad-Abstellfläche (Multifunktions-Hub) mit Lademöglichkeiten für E-Bikes und Pedelecs einziehen. Die Terrassen in den oberen Geschossen und auch die Hoffläche sollen begrünt werden. Parkflächen können auf dem Grundstück nicht geschaffen und müssen entsprechend abgelöst werden, so Architekt Wiese. Mit der Rathaus-Garage am Theater und dem Großen Domhof gebe es aber kostenpflichtige Parkflächen ganz in der Nähe und mit Kanzlers Weide sogar 2.000 kostenfreie Stelleflächen ganz nah an der Innenstadt, ergänzt Beigeordneter Bursian. 

„Wir haben uns bewusst dafür entschieden, auf Wohnbebauung zu verzichten“, sagt Pankratz. „So stellen wir sicher, dass der Charakter des Marktplatzes erhalten bleibt und es keinerlei zusätzliche Auflagen für künftige Veranstaltungen gibt.“ Auch während der Rückbauarbeiten solle darauf geachtet werden, dass der Weihnachtsmarkt ohne Einschränkung stattfinden kann: „Wir gehen davon aus, dass die Rückbauarbeiten bereits im November beginnen. Wir stehen in enger Abstimmung mit der Stadt, damit der diesjährige Weihnachtsmarkt dadurch nicht eingeschränkt wird“, so der Wohnhaus-Geschäftsführer abschließend. Der Bauantrag sei fast fertig gestellt und Nutzer für alle Flächen bereits gefunden.

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