Stadt auf Hochwasser und Starkregen vorbereitet - Jeder kann etwas tun


Nach der Starkregen- und Flutkatastrophe Mitte Juli in Teilen der Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz werden in diesen Wochen auch an nicht betroffene Städte, Gemeinden und Kreise viele Fragen gerichtet: Wie gut sind Kommunen für solch extreme Wetter-Phänomene gerüstet? Wo und wie wird an Flüssen Hochwasserschutz betrieben? Was sehen Hochwassermaßnahmenpläne vor? Welche Vorkehrungen können für Starkregen-Ereignisse getroffen werden? Und: Was muss sich in Bezug auf den Klimaschutz verändern? Auch die Stadt Minden wurde befragt und hatte ausführliche Antworten.

„Mit einem Weser-Hochwasser beschäftigen wir uns auch als Stadt schon lange. Zuständig für den Hochwasserschutz ist das Land beziehungsweise die Bezirksregierung. Es gibt Hochwasserkarten mit der Simulationen für alle Pegelstände, ein Hochwasser-Risikomanagement und Hochwasser-Maßnahmenpläne“, fasst der Beigeordnete für Städtebau und Feuerschutz, Lars Bursian, zusammen.

Gibt es Weser-Hochwasser in Minden, greift ein Maßnahmenplan zu den gefährdeten Bereichen, der im Wesentlichen den Bevölkerungsschutz abdeckt. Hierin ist unter anderem aufgeführt, wann welche Sperrungen bei einem bestimmten Hochwasserstand veranlasst werden müssen und wann der Stab für außergewöhnliche Ereignisse (SAE) zusammenkommen muss - das ist ab einem Stand von 5,80 Metern der Fall. Die Stadt orientiert ihr Handeln am Stand des Pegels Porta Westfalica. So muss beispielsweise ab einem Pegel-Stand von 5,10 Metern Kanzlers Weide sowie ab 5,80 Metern die Weserpromenade und die Hausberger Straße gesperrt werden. Ab einem Stand von rund 7 Metern müssen erste Evakuierungen veranlasst werden.

„Extreme Hochwasserereignisse mit einem Pegel über dem so genannten 1000-jährigen Hochwasser werden aller Voraussicht nach die Einbindung von Hilfsorganisationen, Katastrophenschutzeinheiten und überörtlichen Feuerwehreinheiten zwingend erforderlich machen“, berichtet der Leiter der Feuerwehr Minden, Tim Upheber. Bei einem Stand von über 8 Metern ist spätestens der Zeitpunkt gekommen, wo die  Einsatzleitung an den „Krisenstab“ des Kreises Minden-Lübbecke als zuständige Katastrophenschutzbehörde übergeben wird.

„Für den Fall eines Hochwassers sind wir als Stadt gut gerüstet und vorbereitet. Die Welle kommt ja meist auch eher langsam auf die Stadt zu. Das kann gut anhand der Pegelstände der höher liegenden Städte verfolgt werden“, erläutert Bursian weiter. Weit unberechenbarer sei aber ein extremer Starkregen, der innerhalb kürzester Zeit kleine Bäche und Zuflüsse – auch durch Hanglangen bedingt - sehr schnell zum Überlaufen und die städtische Kanalisation an ihre Grenzen bringen würde.

Mit diesem Szenario sehen sich derzeit viele Städte, Gemeinden und Kreise konfrontiert. So plant die Stadt Minden – federführend sind hier die Städtischen Betriebe Minden (SBM) – ein Kataster zu erstellen. „Der Starkregen ist, und das wird uns allen jetzt deutlich, ein Phänomen welches uns durch den Klimawandel häufiger treffen wird. Hierzu bedarf es neuer, ergänzender Untersuchungen, wie sich solche Regenmengen auf ein Gebiet, wie eben Minden, auswirken“, erläutert Mirco Koppmann, Leiter des Bereiches Abwasser – Straßen - Gewässer bei den SBM. Die Stadt Minden sei in der Vorbereitung, um solche Untersuchungen durchzuführen und Handlungsleitfäden zu erstellen, wozu bereits Fördermittel beim Land NRW beantragt wurden.

Und was kann die Bürgerin/der Bürger tun? „Jeder kann zur Vorbeugung von durch Starkregen erzeugten Überflutungen etwas beitragen. Jeder Liter Wasser der nicht oder verzögert abfließt, hilft die Welle, die die Schadenwirkung auslöst, zu verringern. Jeder Quadratmeter, der nicht versiegelt ist, hilft auch“, so Koppmann. Wichtig ist, das insbesondere Kellerräume geschützt werden, da diese als erstes überflutet werden.

Gerade Rückschlagklappen in den Abwasserrohren sind hier wichtig. Sie seien zwar vorgeschrieben und werden von den SBM gefordert, fehlten aber häufig - gerade bei gefährdeten Altbauten. Denn bei Starkregenereignissen werden auch Schmutz- und Mischwasserkanäle geflutet. Sie können dann das Abwasser nicht abführen. Die Folge: Das Wasser drückt zurück und ohne Sicherung überflutet es die Kellerräume. „Auch auf dem Gebiet der Prävention müssen wir noch weiter denken und sind dabei, neue Wege zu gehen“, sagt Mirco Koppmann.

Immer wieder wird in Zusammenhang mit der jüngsten Flut-Katastrophe auch die Frage gestellt: Hätte nicht schneller gewarnt werden können? An vielem wird – zum Teil schon seit langem – gearbeitet. So befindet sich in Minden ein neues Sirenensystem im Aufbau. Fünf Anlagen sind bereits installiert, 24 sollen es werden. Auch ist ein besseres und genaueres Hochwasser-Vorhersagemodell für die Weser seitens des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) in Arbeit. Mit der Erstellung des „hydrodynamischen Modells“ wurde 2019 begonnen. Die Arbeiten werden voraussichtlich im September/Oktober dieses Jahres abgeschlossen sein. Im Frühjahr 2022 soll das Vorhersagesystem in die Testphase gehen.

Einiges hat die Stadt Minden - auch in jüngster Zeit - für den weiteren Hochwasserschutz umgesetzt. Beispielhafte Maßnahmen sind unter anderem die Anlage einer Blänke am rechten Weserufer in Höhe des Parkplatzes „Schlagde“ zur Vergrößerung des Abflussquerschnittes. Dieser ist an der Stelle im  Stadtdurchgang nur 160 Meter breit. „Diese Maßnahme führt zu einer Verbesserung der Hochwasserabflussleistung“, so Beigeordneter Bursian. Auch hat es eine Überprüfung der als technische Hochwasserschutzanlage fungierenden Mauer zur „Fischerstadt“ gegeben. Hierzu wurde ein DIN-Statusberichtes erstellt. Des Weiteren ist die Bevölkerung über bestehende Hochwasserrisiken (Verlinkung auf der Internetseite der Stadt Minden) informiert worden.

Wie sieht es in Minden bei einem 100-jährigen Hochwasser mit einem Stand ab 8,37 Meter aus? „Das wissen wir ganz genau aus den Hochwassergefahrenkarten, die diesen Stand simulieren“, erläutert Beigeordneter Lars Bursian. Darüber hinaus gibt es in der Verantwortung der Bezirksregierung Detmold seit 2015 ein Hochwasserrisikomanagement. Ziel dieser Pläne, die regelmäßig aktualisiert werden, ist es, über bestehende Gefahren zu informieren sowie Maßnahmen unterschiedlicher Akteure zu erfassen und abzustimmen, um hochwasserbedingte Risiken für die menschliche Gesundheit, die Umwelt, Infrastrukturen und Eigentum zu verringern und zu bewältigen.

Hochwasserrisikomanagement ist eine dauerhafte und herausfordernde Gemeinschaftsaufgabe. Die vorläufige Risikobewertung wiederholt sich zyklisch alle sechs Jahre. Dazu werden auch Bürger*innen beteiligt. Die nächste Risikobewertung der Hochwassergefahr an der Weser wird voraussichtlich zum Frühjahr 2022 vorgestellt. Neue Erkenntnisse werden dann in die Maßnahmenplanung aufgenommen. „Bis dahin bildet die bestehende Planung in jedem Fall eine sehr gute Vorbereitung“, unterstreicht Bursian abschließend.

Hier gibt es weitere Informationen:
Stadt Minden – Weser und Hochwasser: https://www.minden.de/stadt_minden/live/de/Leben%20in%20Minden/Umwelt/Weser%20und%20Hochwasser/
Hochwasserrisikomanagement – Bezirksregierung Detmold:
https://www.umwelt.nrw.de/umwelt/umwelt-und-wasser/gewaesser/hochwasser/hochwasserschutz-nach-eu-richtlinie-und-wasserhaushaltsgesetz
Bürgerbeteiligung Hochwasserrisikomanagement:
https://www.flussgebiete.nrw.de/beteiligung-der-oeffentlichkeit-8403
Hochwassergefahrenkarten: https://www.flussgebiete.nrw.de/gefahren-und-risikokarten-weser-6680

Pressestelle der Stadt Minden, Susann Lewerenz, Telefon 0571 89204, pressestelle@minden.de