In den Monaten Mai und Juni ist das Objekt im Fokus ein Damenhut aus den frühen 1940er Jahren. Das Mindener Museum bewahrt diesen und andere Hüte im Rahmen seiner umfangreichen Modesammlung auf. Leider ist nicht überliefert, woher der Hut stammt oder wer ihn einmal getragen haben könnte. Heute ist es dem Mindener Museum besonders wichtig, gerade diese Informationen zu erfahren und zu bewahren.
Der Damenhut ist aus Filz gefertigt. Es könnte sich aufgrund des dichten Erscheinungsbildes um Filz aus Kaninchenhaar handeln. Dieser wäre in eine gehobene Qualitäts- und Preisklasse einzuordnen. Dazu müsste jedoch eine wissenschaftliche Analyse der Faser vorgenommen werden. Die Krempe ist im ganzen Umfang rundlich nach oben gebogen. Ein Hut mit dieser Form wird als „Bretonne“ bezeichnet. Diese Form orientiert sich an einem Herrenhut, der ursprünglich in der Bretagne getragen wurde. In den 1940er Jahren wird er Vorbild für einen modischen Damenhut. Verzierungen werten Damenhüte optisch auf und passen sie der aktuellen Mode an. Diese Verzierungen werden als „Ausputz“ oder kurz „Putz“ bezeichnet. Der Putz dieses Hutes besteht aus einer schwarzen Filzschleife und einer kupferfarben lasierten Metallschnalle. Sie sind seitlich am Hinterkopf befestigt. Zudem wird die Hutkrempe von einem schmalen, schwarzen Tüllschleier eingefasst.
Die Folgen des Ersten Weltkrieges sowie die Frauenbewegung veränderten in den 1920er Jahren das Rollenbild der Frauen. Das feministische Idealbild der Zeit – die „Neue Frau“ – wurde von einigen wenigen Frauen im öffentlichen Leben verkörpert: Akademikerinnen, Künstlerinnen oder Journalistinnen. Sie waren berufstätig, selbstständig und verfügten über ein eigenes Einkommen. Die „Neue Frau“ trug kein Korsett, keine Rüschen und Schleifen mehr, sondern bevorzugte gerade Schnitte ohne viele Verzierungen. Figur umspielende Kleider waren nun modern, ebenso wie modische Kurzhaarschnitte. Passend dazu wurde der sogenannte „Topfhut“ getragen. Dessen schmale Krempe war nach unten gebogen oder kam auch ganz ohne Krempe aus.
Das neue Frauenbild veränderte sich mit Beginn der Weltwirtschaftskrise von 1929 erneut. Frauen wurden in die häusliche Sphäre zurückgedrängt. Männer konkurrierten um die rar gewordenen Arbeitsplätze. Mangelwirtschaft prägte das tägliche Leben. Unter dem aufkommenden Einfluss des Nationalsozialismus entwickelte sich die Damenmode weiblicher. Besonders die konservativen Kräfte im Land lehnten das Frauenbild der 1920er Jahre und den damit verbundenen Kleidungsstil ab. Der Versuch, eine allgemeine deutsche Tracht einzuführen, scheiterte zwar. Dennoch prägten Elemente wie Tradition und Ideologie die Damenmode der 1930er und frühen 1940er Jahre. Für die Bekleidungsherstellung sollten ausschließlich inländische Rohstoffe verwendet werden. Damenbekleidung entwickelte sich zwar schlicht. Allerdings betonte sie die weibliche Körperform deutlicher als die Mode der 1920er Jahre. Einzig über die Hüte drückten die Damen ihren Stil aus; Tüllverzierungen, Schleifen und asymmetrische Schnitte dienten als Zeichen von Individualität. Das Objekt im Fokus verdeutlicht dieses Bestreben durch die verschiedenen Materialien des Putzes und dessen seitliche Anbringung. Die Trageweise des Hutes – schräg auf den Kopf aufgesetzt – unterstreicht das ausgefallene Erscheinungsbild der Damenhutmode dieser Zeit.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges war der Hut nur noch für kurze Zeit unverzichtbarer Bestandteil der Kleidung für Frau und Mann. Heute begegnet man ihm meist nur noch abseits des Alltags: Er wird als Sonnenschutz im Strandurlaub oder modisches Accessoire beim Pferderennen getragen.