Er habe es nicht geplant, 100 Jahre alt zu werden, aber dann sei es doch so gekommen. Gut aufgelegt zeigte sich der Mindener Ehrenbürger und frühere Bürgermeister Heinz Röthemeier bei einem Festakt anlässlich seines „runden Geburtstages“ am vergangenen Samstag (17. Februar 2024) im Rathaus. Mit persönlichen Erinnerungen und Kommentaren flankierte er die Laudatio des Bürgermeisters sowie die Grußworte und die Anekdoten der vier Weggefährt*innen in der moderierten Runde – sehr zur Freude der rund 150 geladenen Gäste. Für Stimmung in den kurzen Pausen sorgte der „Musikzug der Freiwilligen Feuerwehr Minden“ unter der Leitung von Andreas Herrmann.
Es gab Wortes des Lobes und viel Dank von Bürgermeister Michael Jäcke, von Landrat Ali Dogan und vom SPD-Landesvorsitzenden und Bundestagsabgeordneten Achim Post für das jahrzehntelange Engagement des Mindeners, der 14 Jahre lang – von 1977 bis 1991 – „erster Bürger“ der Stadt Minden war. Röthemeier sei „eine Schlüsselfigur“ der Gebietsreform in den 1970er Jahren gewesen. Mit viel Diplomatie und Verhandlungsgeschick überzeugte er seinerzeit viele Gegner, Vertreter*innen der Politik und auch die Wirtschaft von den Vorteilen eines größeren Minden und eines danach deutlich gewachsenen Kreises Minden-Lübbecke. Daran erinnerten Jäcke und auch Doğan.
Bürgermeister Michael Jäcke begann seine Rede humorvoll auf plattdeutsch. Er blickte danach auf ein langes Leben und Wirken sowie auf prägende Tage des Jubilars zurück, der über den Sport als sachkundiger Bürger in die Politik kam. 1964 trat Röthemeier in die SPD ein und kandidierte 1969 erstmals erfolgreich für den Rat in Minden. Bereits vier Jahre später wurde der Leiter der Aufbaurealschule stellvertretender Bürgermeister und 1977 dann – nach dem plötzlichen Tod von Hans-Jürgen Rathert – bis 1991 Mindener Bürgermeister. Mit Stadtdirektor Dr. Erwin Niermann bildete er lange ein „kongeniales Team“. Beide teilten ein gemeinsames Hobby: Das Segeln.
Jäcke zitierte unter anderem aus der „Personalakte“ von Röthemeier, erinnerte an Jubiläen, Veranstaltungen und frühere runde Geburtstage. Den 90. Geburtstag richtete der damalige Mindener Bürgermeister Michael Buhre vor zehn Jahren aus. Jäcke listete auch auf, mit welchen bekannten und bedeutenden Persönlichkeiten Röthemeier im Laufe seiner Amtszeit zusammengetroffen war - darunter Prince Charles, Hanns Martin Schleyer, Hannelore Kohl, Hans Apel und Norbert Blüm. Sie alle trugen sich zwischen 1977 und 1991 ins „Goldene Buch“ der Stadt Minden.
Zusammen mit seiner Frau Helga taufe er 1985 den lange in List auf Sylt stationierten Seenotrettungskreuzer „Minden“ und 1987 eine Boing 737 der Lufthansa ebenfalls denselben Namen. Er pflegte intensiv die Kontakte zu Mindens Partnerstädten und unterzeichnete 1990 eine Kooperationsvereinbarung mit Tangermünde in Sachsen-Anhalt. „Solche engagierten Menschen, wie Dich braucht das Land“, fasst Jäcke zusammen und appellierte an alle jüngeren Menschen, sich einzumischen und sich für die Gesellschaft einzusetzen. „Du bist ein Vorbild für uns alle“, lobte der Bürgermeister abschließend.
Der SPD-Landesvorsitzende in NRW und Bundestagsabgeordnete, Achim Post, stellte Röthemeiers „messerscharfen Verstand“ und politische Analysefähigkeit heraus. So manches, was er mit ihm vor zehn Jahren zur Bildungs- und Energiepolitik besprochen habe, sei auch eingetreten, verriet Post, der den Rat von Röthemeier nach wie vor schätzt und seinem Wunsch gerne nachgekommen sei, ihn und weitere SPD-Senioren vor einigen Jahren nach Berlin einzuladen. Als Geschenk überreichte er ihm ein von Bundeskanzler Olaf Scholz signiertes Buch über Willy Brandt.
Er sei ein „Fachmann in allen praktischen und technischen Dingen, ein talentierter Handwerker sowie ein kreativer und inspirierender Kopf mit vielfältigem Wissen“, lobte Ali Doğan, der gestand, das er zum ersten Mal in seiner Funktion als Landrat auf einer Geburtstagsfeier eines Hundertjährigen war. Was das Handwerkliche angehe, habe ihm Röthemeier „einiges voraus“, verriet der Landrat schmunzelnd. Heinz Röthemeier verstand und verstehe es, Menschen für sich zu gewinnen. Er genoss stets große Wertschätzung, hatte gute Kontakte und war strategisch hervorragend vernetzt. „Wir können stolz sein auf Heinz Röthemeier, seine Leistung und sein Wirken für Minden“, fasste der Landrat zusammen.
Röthemeier saß in einem gemütlichen „Ratssessel“ auf der Bühne und folgte zunächst der Rede und Laudatio von Bürgermeister Michael Jäcke. Goldene, mit Helium gefüllte Luftballons, die eine „100“ formten, schwebten über ihm. Auf Nachfrage von Jäcke berichtete er, wie er „seine Helga“ nach dem Zweiten Weltkrieg in einer Vlothoer Apotheke kennengerlernt hatte. Er verriet auch – was viele Gäste natürlich wussten -, warum er seinen Anrufbeantworter auf Plattdeutsch besprochen hat. „Platt“ beherrschte der Sohn eines Landwirts von Kindesbeinen an, welches er im weiteren Leben immer pflegte. Dass er in Kriegsjahren die „höhere Schule“ besuchen durfte, habe sein späteres Leben als Lehrer und Schulleiter maßgeblich geprägt.
In einer von Pressesprecherin Susann Lewerenz moderierten, launigen Runde erinnerten sich Ehrenbürger Herbert Lübking (Mindens erfolgreichster Profi-Handballer), der langjährige Stadtsportverbands-Vorsitzende Karl-Heinz Korte, die ehemalige Schülerin und spätere Lehrerin Annette Halstenberg sowie Lars Nelles, Vorsitzender des Musikzuges der Freiwilligen Feuerwehr Minden, an Begegnungen mit Heinz Röthemeier. Ihn einzuladen sei immer „eine gute Bank“ gewesen, wenn zum Beispiel mal spätere, eingeladene Bürgermeister bei Feiern unerwartet fehlten, habe er die Rede kurzerhand übernommen, berichtete Karl-Heinz Korte.
Im hohen Alter nimmt Röthemeier noch regelmäßig an den Grünkohlessen des Mindener Bürgerbataillons und an den „Herrenbierabenden“ des Stadtsportverbandes teil. Auch das wurde mehrfach, wie auch das große Talent, sich haargenau an viele Ereignisse zu erinnern, lobend erwähnt. Mit seinen Dankesworten an „den lieben Gott“, seine Familie, die Gäste im Saal, die Redner, seine Nachbarn, Freunde, Bekannte und viele Wegbegleiter*innen bewegte Röthemeier die Gäste im Saal sichtlich, die ihm wiederum mit minutenlangem Applaus und stehenden Ovationen für seine Worte dankten.
Als Überraschung für Heinz Röthemeier und alle Gäste gab es eine kurzweilige, plattdeutsche Einlage mit Birgitt Keil und Helmut Altvater, die beide zur Plattdeutsch-Arbeitsgruppe des Heimatvereins Kutenhausen e.V. gehören. Die Gruppe trifft sich an jedem dritten Dienstag im Monat abends im Heimathaus und bereichert unter anderem die Seniorenadventsfeier immer wieder mit plattdeutschen Sketchen.
Beim Einlass nahm Heinz Röthemeier die Gratulationen der rund 150 Gäste persönlich entgegen und auch zum lockeren Ausklang führte er noch zahlreiche Gespräche. „Dass er mit 100 Jahren noch so fit ist, ist echt erstaunlich“. Das war mehrfach an diesem Vormittag und Mittag zu hören. Bürgermeister Michael Jäcke hatte zu dem Festakt am 17. Februar, vier Tage nach dem eigentlichen Geburtstag, in den Großen Rathaussaal eingeladen. Dazu hatte sich der Jubilar auch die Anwesenheit einiger, besonderer Weggefährt*innen und die Musik gewünscht. So lädt „Heinz“ alljährlich den Musikzug der Freiwilligen Feuerwehr Minden seit fast 40 Jahren in seinen Garten zu einer „besonderen Probe“ mit Bratwurst und Bier ein, wie er selbst berichtete.
Als Geschenk überreichte Jäcke – mit den besten Wünschen für eine weiter gute Gesundheit - einen Räucheraal (ostwestfälisches Langgeschenk), einen edlen Schnaps und einen symbolischen Scheck in Höhe von 200 Euro für den Verein „Altentagesstätte Johanniskirchhof e.V.“ Rund 6.000 Euro waren anlässlich seines Geburtstages an Spenden zusammengekommen, die sich Röthemeier statt Blumen und anderen Geschenken gewünscht hatte. Er ist das einzige noch lebende Gründungsmitglied des Vereins.