Der Parkplatz am Grillepark verwandelt sich am 20. September für einen Tag in einen ungewöhnlichen Kunstraum: zwischen 11 Uhr und 17 Uhr können Interessierte mit Kopfhörern in eine historische Erzählung eintauchen und einen spannenden Fall lösen. „Das verschwundene Haus – Der Fall Laxburg“ ist eine begehbare, interaktive Audio-Installation, die die Vergangenheit des Stadtteils zum Leben erweckt.
Der Platz ist leer, nur ein gezeichneter Grundriss vermittelt eine Ahnung von dem „verschwundenen Haus“, von dem hier erzählt wird. Doch kaum haben die Teilnehmer*innen die Kopfhörer aufgesetzt, werden sie in eine andere Welt transportiert: durch Stimmen und Geräusche entsteht vor dem inneren Auge das Bild eines alten, geheimnisvollen Hauses. Mit Hilfe von Audio-Sticks können die Besucher*innen die Türen des virtuellen Hauses öffnen, die verschiedenen Räume erkunden und seinem Geheimnis auf die Spur kommen.
Das Hörspiel-Erlebnis „Der Fall Laxburg“ wurde eigens für Minden entwickelt. Die Kölner Schauspielerin Tatjana Poloczek und der Kulturwissenschaftler Stefan Hermanns haben sich von der Geschichte des Mindener Bauunternehmers Franz Lax (1799-1873) inspirieren lassen, der das das Wohnviertel am Bahnhof ab 1848 nach den damaligen modernen Standards neu gestaltet hat. „Ich fand es faszinierend zu sehen, wie sich Minden in den letzten 200 Jahren entwickelt hat. Das hat mich wirklich überrascht.“ sagt Tatjana Poloczek.
Zu Beginn des Projekts war das Kulturbüro im Austausch mit dem künstlerischen Team und hat Anregungen gegeben. „Es war schnell klar, dass die Geschichte etwas mit dem Stadtteil zu tun haben sollte“, erzählt Ola Friesicke vom Kulturbüro. „Mit Unterstützung des Stadtheimatpflegers Jürgen Sturma haben wir der Autorin Material zur historischen Orten und Persönlichkeiten auf der Rechten Weserseite zur Verfügung gestellt. Aber die historischen Fakten dienen nur als Inspiration.“
Im Mittelpunkt der fantasievollen Erzählung stehen Franz Lax, sein eigenwilliger Freund Robrecht und ein altes Haus, das im Jahre 1852 – angeblich – über Nacht verschwindet. Mit Hilfe von „historischen“ Dokumenten und der Stimme einer „forensischen Assistentin“ werden die Zuschauer*innen selbst zu Forschenden. Sie können verschiedenen Hinweisen folgen und so selbst versuchen, das Rätsel um das verschwundene Haus zu lösen. „Es ist eine historisch inspirierte Detektivgeschichte mit steampunkartigen Elementen“, verrät Tatjana Poloczek.
Neben Theaterprojekten, Performance und Ausstellungen mit dem Theaterkollektiv „Der Kleine Container“ hat Tatjana Poloczek zusammen mit Stefan Hermann auch die Audio-Installation „Kaufhaus der Träume“ entwickelt, die im letzten Jahr in Gütersloh zu erleben war. Die Interaktion mit dem Publikum ist ein wichtiger Bestandteil ihrer Arbeit. „Ich finde es spannend, wenn das Publikum sich eine Geschichte selbst ‚erarbeiten‘ muss. Das gibt ihnen die Möglichkeit viel ‚tiefer ins Geschehen einzutauchen“ erklärt Tatjana Poloczek.
Auch im 19. Jahrhundert waren die Umgestaltung und Modernisierung von Stadtvierteln nicht unumstritten. „Die interaktive Erzählweise lädt ein, sich spielerisch mit Themen wie Erinnerung, Zugehörigkeit und urbanem Wandel auseinanderzusetzen“, so Stefan Hermanns.
Die Audio-Installation erschafft auf der leeren Fläche des Parkplatzes eine akustische Architektur, die Vergangenheit und Gegenwart der Stadt aufgreift und als spannende Geschichte erlebbar macht. Mitten im öffentlichen Raum, zwischen parkenden Autos und Supermarkt, werden die Teilnehmer*innen in die Vergangenheit entführt. Wer sich auf die Erzählung einlässt und seiner Fantasie folgt, kann die Einrichtung des Hauses vor sich sehen, den hölzernen Türrahmen spüren und den Rauch des Kaminfeuers riechen.
Mit dem Projekt „Der Fall Laxburg“ hat sich die Stadt Minden in diesem Jahr erfolgreich beim Kultursekretariat NRW Gütersloh für das Förderprogramm „Stadtbesetzung“ beworben. Das Programm wird vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert wird und zielt darauf ab, temporäre künstlerische Interventionen im öffentlichen Raum zu ermöglichen. An Straßenecken, in Parks und auf Marktplätzen entstehen so – unerwartet und nur für kurze Zeit - Kunstwerke, die die Stadtlandschaft verwandeln und den Menschen eine neue Sicht auf ihre Umgebung eröffnen.
Das Hörspiel-Erlebnis „Der Fall Laxburg“ ist am 20. September von 11 Uhr bis 17 Uhr geöffnet und für Menschen ab zehn Jahren geeignet. Das künstlerische Team ist selbst vor Ort, stellt Kopfhörer und Audio-Sticks zur Verfügung und zeigt, wie man das „verschwundene Haus“ erkunden kann. Der Rundgang dauert ca. 30 Minuten, kann aber auch individuell gestaltet werden. Der Eintritt ist frei.
Weitere Informationen zu der Veranstaltung gibt es auf der Webseite des Kulturbüros oder unter www.stadtbesetzung.de .