Mindener Museum

Objekt im Fokus in den Monaten Juli und August


Das Objekt im Fokus im Juli und August ist ein Ladenschild mit der Aufschrift "H. Oehmigen Apotheker". Das ovale Porzellanschild gehörte zu der "Adler-Drogerie", welche von 1896 bis 1936 in der Bäckerstraße allerlei Arzneimittel verkaufte. Es ergänzt den medizinhistorischen Teil der Sammlung und ist ein wichtiges Zeugnis historischer Drogerien und Apotheken im Mindener Stadtbild.

Das Schild wurde aus Hartporzellan gegossen. Diese Art des Porzellans ist durch seinen höheren Anteil an Kaolin, der sogenannten Porzellanerde, deutlich robuster als Weichporzellan. Nur die Vorderseite weist eine klare Glasierung auf. Das vorproduzierte Schild wurde erst durch die Aufschrift für Kund*innen individualisiert. Daher wurde die Schrift auch nicht in haltbarerer Unterglasurmalerei ausgeführt, sondern mit Aufglasurfarbe aufgetragen. Der Name „H.Oehmigen“ ist in gefetteten geraden Buchstaben hervorgehoben. Die hier dicker aufgetragene Malschicht, ist in einigen Bereichen abgeplatzt. Die Berufsbezeichnung „Apotheker“ hingegen wurde lasierend in Schreibschrift aufgemalt. Der dünnere, weniger pigmentierte Farbauftrag lässt die Farbe heller erscheinen. Zur Anbringung an der Wand besitzt das Schild zwei Löcher, die Rostspuren aufzeigen. Diese entstanden vermutlich durch Witterungseinwirkungen nach Anbringung des Schildes an einer Außenwand des Geschäfts. Aufgrund der geringen Nutzungsdauer von nur etwa 6 Jahren ist das Objekt im Fokus in einem recht guten Zustand.

Die „Adler-Drogerie“ wurde 1896 von dem aus Altmügeln (Sachsen) stammenden Hermann Oehmigen in der Bäckerstraße 62 eröffnet. Der Apotheker erwarb im Mai 1896 bei dem Magistrat der Stadt Minden die Erlaubnis „gewoehnliche Arzneien und weitere Drogen“ im Kleinhandel zu verkaufen. Zu seinem Angebot gehörte zum Beispiel Kalium iodatum, welches noch heute unter anderem als homöopathisches Mittel bei Atemwegserkrankungen eingesetzt wird. Die Lagerung und Sortierung der Arzneien unterlag strengen Auflagen, die jährlich von einem Abgesandten der Polizei, einem Apotheker und dem Kreis-Physikus kontrolliert wurden.

Aus einer Anzeige im Mindener Adressbuch 1898/1899 geht hervor, dass in dem „Spezial-Geschäft […] Drogen, Chemikalien, Artikel zur Kranken- und Gesundheitspflege, Kindernährmittel, Mineralwässer, Brunnen- und Badesalze, Verband- und Desinfektionsstoffe" verkauft wurden. Zudem besaß das Geschäft eine breite Auswahl an chinesischen Tees, holländischen Kakaos, diversen Kaffee- und Alkoholsorten sowie Farben, Lacke und Pinsel.

Im Jahr 1901 zog Hermann Oehmigen mit der Drogerie in die Bäckerstraße 74. Nur wenige Monate später, am 06.06.1902, verstarb er im Alter von 47 Jahren. Das Geschäft übernahm seine Witwe Maria Oehmigen. Sie führte das Geschäft bis 1923 als alleinige Inhaberin weiter. Ende 1923 verkaufte sie es jedoch an den Mindener Apotheker Paul Stricker und seinen Kollegen Wilhelm Kühne.

Die neuen Eigentümer zogen mit dem Geschäft noch im gleichen Jahr in die Bäckerstraße 15, vier Jahre später in die Nummer 48/50. Das Geschäft wird in den frühen 1930er Jahren zur „Photodrogerie Stricker und Kühne“ erweitert. Noch lange ist es im Mindener Adressbuch unter „Stricker und Kühne, ehem. Oehmigen“ zu finden.

Dem Mindener Museum bleibt jedoch nicht nur das Schild der „Adler-Drogerie“, sondern auch die Treppe mitsamt Geländer aus der früheren Bäckerstraße 74. Vor dem Abriss des historischen Gebäudes im Jahre 1922 wurde die Gesamtkonstruktion in das damalige Heimatmuseum überführt. Heute ist sie in modernisierter Form für Besucher*innen in der Ritterstraße 23 im zweiten OG, dem sogenannten Vaßmaar-Saal, zu bewundern.  

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