Objekt im Fokus in den Monaten Januar und Februar


In der Sammlung des Mindener Museums werden rund 60.000 Objekte bewahrt. Trotz Dauer- und Sonderausstellungen oder Leihgaben an andere Museen lagern 95 Prozent der Sammlung verborgen im Magazin. Die Vielfalt und die Geschichte der Sammlung und das Wissen über die Objekte stellt das Museumsteam regelmäßig in Kabinettausstellungen vor. Alle zwei Monate wird außerdem ein „Objekt im Fokus“ im Foyer des Museums ausgestellt und dort seine Geschichte erzählt.

Das Objekt im Fokus in den Monaten Januar und Februar ist die „Stenographiermaschine für Blindenpunktschrift Picht“. Der Entwickler der Maschine war der Blindenlehrer Oskar Picht (1871-1949). Produziert wurde die Maschine vermutlich in den 1950er Jahren in der „Bruno Herde u. Friedrich Wendt Maschinenfabrik und Mechanische Werkstatt“. 

Die Blindenschreibmaschine gehörte einem ehemaligen Soldaten, der 1944 während einer Übung durch die vorzeitige Explosion einer Granate erblindete. Er war somit einer der ca. 11.000 Kriegsblinden, die nach 1945 in Deutschland lebten. Nach dem Krieg ließ er sich in Minden nieder und arbeitete als Masseur. 

Die Stenographiermaschine ist in ein mobiles Holzgehäuse eingebaut und mit Filz gepolstert, um die Handhabung möglichst angenehm und verletzungsfrei zu machen. 

Seit dem 18. Jahrhundert probierten sich verschiedene sehende Lehrer und Wissenschaftler daran, eine Schrift für blinde Menschen zu erfinden. Sie versuchten die lateinische Schrift zu verwenden, in dem sie die einzelnen Buchstaben fühlbar machten. Die normalen Buchstaben wurden in Papier gedrückt oder gestochen, sodass man die Höhenunterschiede ertasten konnte. Diese Systeme scheiterten aber daran, dass Blinde die Buchstaben nur schlecht unterscheiden konnten.

Der Erfinder, der noch heute genutzten Blindenschrift, Louis Braille (1809-1852) war selbst blind. Er besuchte die Pariser Blindenschule. Dort stellte 1819 ein Offizier eine neue Schrift vor, die er zur Übermittlung geheimer Nachrichten bei Nacht entwickelt hatte. Sie beruhte auf einem System von zwölf Punkten, die übereinander angeordnet wurden. Braille experimentierte mit diesem System und reduzierte die Anzahl der Punkte auf sechs, um die Schrift einfacher mit den Fingern ertasten zu können. 

Die sechs Punkte werden in zwei senkrechten Reihen mit jeweils drei Stellen angeordnet. Jede Stelle kann mit einem Punkt belegt werden oder leer bleiben. Aus diesem Grundraster aus Punkten und leeren Stellen entwickelte Braille ein vollständiges Alphabet, Satzzeichen und Zahlen. Das System bewährte sich und wurde schließlich von verschiedenen Blindenschulen übernommen. Im Jahr 1878 wurde die Punktschrift dann zur offiziellen internationalen Schrift für Blinde. 

Bis Oscar Picht 1901 die „Schreibmaschine für Blinde“ entwickelte, musste man die Punkte von hinten spiegelverkehrt in das Blatt drücken, um einen lesbaren Text zu erhalten. Schnelles Schreiben war auf diese Weise eher schwierig. Die Schreibmaschine kam aufgrund des verwendeten 6-Punkte Systems von Braille mit nur sechs Tasten und einer Leertaste aus. Durch das kombinierte Drücken von Tasten erreicht man die Punkt-Zusammenstellungen für verschiedene Buchstaben. Die 1909 entwickelte „Stenographiermaschine für Blinde“ bot durch den aufgerollten Papierstreifen den Vorteil, dass das Blatt Papier nicht so häufig gewechselt werden musste. Diese Neuerung ermöglichte es nun auch Blinden schneller zu schreiben und sich unkompliziert Notizen zu machen.

Schreibmaschinen für Blinde werden bis heute produziert und genutzt. Seit den 1980er Jahren gibt es jedoch auch für Blinde die Möglichkeit, mit speziellen Braille-Modulen, den sogenannten Braillezeilen, den Computer zu nutzen.