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Gut gestärkt durch den Alltag gehen


Ungeduldig warten zwölf Grundschulkinder der Klassen 2. bis 4. vor der Tür der Aula in der Eine-Welt-Schule. Hier findet gerade noch ein Gespräch zum Mitmach-Programm „gut:gehen“ der Walter Blüchert Stiftung statt. Dann dürfen die Schüler*innen endlich rein und begrüßen fröhlich Diana und Mara-Charlotte Rosendahl. Mutter und Tochter sind Theaterpädagoginnen, die im Auftrag der Gütersloher Stiftung mit den Schüler*innen arbeiten. 

„Gut:gehen“ ist zum 2. Schulhalbjahr an vier Mindener Grundschulen gestartet. Das sind die Eine-Welt-Schule, die PRIMUS-Schule, die Hohenstaufenschule und die Domschule. Das Programm setzt nach der Corona-Pandemie insbesondere bei der psycho-sozialen Entwicklung von Kindern an. Nicht ein Theaterstück oder neu zu lernendes Wissen stehen im Mittelpunkt, sondern die Kinder selbst mit ihren ganz eigenen Vorstellungen. Sie dürfen sich ausprobieren, Held sein und lernen dabei, mit Konflikten und Stress umzugehen.

Die erste Aufgabe für die Ganztags-Kinder an diesem Nachmittag: Sich aus einem alten Koffer einen Gegenstand oder ein Kleidungsstück aussuchen, sich munter auf der Bühne bewegen, um dann auf ein Zeichen der Theaterpädagoginnen zu einem „Standbild“ zu werden. Mit Eifer und großem Spaß gehen die Mädchen und Jungen auch an die anderen Aufgaben und Spiele heran. „Die mit Methoden der Theaterpädagogik laufenden Übungen ermöglichen es den Kindern, spielerisch an sich zu arbeiten, um später gestärkt durch den Alltag gehen zu können“, erklärt Diana Rosendahl. 

Das Programm läuft für die zwölf Schüler*innen ein halbes Jahr und hat zwölf Module über jeweils 90 Minuten. Alle vier Grundschulen in Minden freuen sich sehr über dieses zusätzliche Angebot. „Wir wissen, dass es nach der Corona-Pandemie mehr verhaltensauffällige Kinder an den Schulen gibt. Der Bedarf an psycho-sozialer Unterstützung und solche Ansätze, wie sie die Stiftung entwickelt hat, ist deutlich gestiegen“, sagt Bildungsplaner Tobias Haring (Stadt Minden). 

Beengtes Wohnen und Stress in der Familie, stark eingeschränkte finanzielle Möglichkeiten und Zukunftsängste: all das beschäftige auch Kinder im Grundschulalter, so Haring. Das viele Alleinsein während der Corona-Pandemie habe das Ganze noch verschärft. Das hat auch Theaterpädagogin Rosendahl beobachtet. Viele Kinder seien zunächst sehr verschlossen und tauten erst nach und nach auf, hyperaktive Mädchen und Jungen gehen oft viel konzentrierter und ruhiger aus dem Programm heraus, hat sie erfahren. 

Die Spiele und Übungen des Programms, mit dem die Stiftung mittlerweile an 31 Grundschulen in ganz Ostwestfalen-Lippe aktiv ist, bestehen aus unterschiedlichen Elementen wie Bewegung, Tanz, Schauspiel, Musik und Körpergefühl. Ziel ist es, das Selbstbewusstsein und die Konzentrationsfähigkeit der Kinder zu fördern, so dass sie mehr Grundvertrauen und Stabilität gewinnen – sowohl für die eigene Person als auch für die Beziehung zu anderen. „Um sich gesund entfalten zu können, benötigen Heranwachsende Resilienz. Die unterschiedlichen familiären und sozialen Verhältnisse, in denen Kinder aufwachsen, unterstützen diese aber nicht in gleichem Maß“, erläutert die stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Stiftung, Ingrid Kramer. Und weiter: „Mit ,gut:gehen’ möchten wir gesundheitliche Chancengerechtigkeit fördern.“ 

Wie kam das Programm nach Minden? Es ging Anfang November 2021 an den Start und wurde zunächst in Bielefeld, später auch in Essen angeboten. Die Stadtverwaltung erhielt im Oktober 2022 über die Talentfabrik e.V., einen Partner bei der beruflichen Bildungsmaßnahme „Mindener Lernfirma (MILEFA)“, ein Informationsschreiben der Stiftung. Die Stiftung wollte seinerzeit das Programm mehr in die Breite bringen. 

„Wir waren sofort von dem Anliegen des Programms überzeugt. Der Evaluationsbericht zum Programm hat das noch gestützt“, berichtet Bildungsplaner Haring. Die Stiftung hat daraufhin - neben der Koordinierung der Maßnahme - auch für zwei Schuljahre eine finanzielle Förderung an zwei Mindener Grundschulen angeboten. Gemeinsam mit der Stiftung wurden dann Mindener Grundschulen mit einem hohen Schulsozialindex über die Möglichkeit einer Teilnahme informiert. Die angeschriebenen Schulleitungen zeigten sich sehr interessiert und so entschloss sich die Stadt, das Programm nicht nur an zwei, sondern an vier Schulen laufen zu lassen.

Die Beigeordnete für Bildung, Kultur, Sport und Freizeit, Stefanie Duensing, und Tobias Haring wünschen sich, das Angebot möglichst noch auf weitere Mindener Schulen auszudehnen. Die Stadt Minden setze seit vielen Jahren auch auf ergänzende Angebote der kulturellen Bildung an Schulen, so Duensing. Der Fokus dieses Programms liege auf dem emotionalen Erleben und dem kindgerechten Umgang mit Affekten und Gefühlen. Man habe mit Pädagog*innen und Mediziner*innen gesprochen, daraufhin seien einzelne Module erarbeitet worden, die aber jederzeit auch angepasst werden können, berichtet Ingrid Kramer von der Walter Blüchert Stiftung.

„Gut:gehen“ wurde im 2. Schulhalbjahr 2022/23 vom FiBS-Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie an vier Bielefelder Grundschulen evaluiert. Den Forschungsbericht kann man auf der Internetseite der Stiftung einsehen: www.walter-bluechert-stiftung.de

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