Festjahr 1700 Jahre Jüdisches Leben in Deutschland


Insgesamt 15 Institutionen bieten mehrere Ausstellungen, pädagogische Begleitprogramme und Workshops, zahlreiche Konzerte, Lesungen oder Vorträge zum diesjährigen Festjahr „1700 Jahre Jüdisches Leben in Deutschland“ an.

Die jüdische Gemeinde der Stadt Minden ist eine der ältesten und traditionsreichsten Gemeinden Westfalens. Erstmals werden Juden hier im Jahre 1270 in einem Zinsregister Bischoff Ottos erwähnt. In der Region gibt es eine lange Tradition jüdischer Regionalgeschichte und der Auseinandersetzung mit Holocaust und Shoah. Seit Mitte der 1980er Jahre wurden ehemalige jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger und deren Nachkommen nach Minden eingeladen. Die ehrenamtlich geführte Gedenkstätte der Alten Synagoge Petershagen belegt die für eine kleine jüdische Landgemeinde notwendige Infrastruktur mit Gotteshaus, Schule und Mikwe. Sie ist ein in Norddeutschland einzigartiges Baudenkmal. Auch die im Aufbau befindliche KZ-Gedenk- und Dokumentationsstätte Porta Westfalica, der jüdische Friedhof Hausberge von 1618/21 oder zahlreiche Stolpersteine belegen das vielfältige und wechselvolle Leben und Leiden von Jüdinnen und Juden in der Region. Aus Anlass des diesjährigen Festjahres „1700 Jahre Jüdisches Leben in Deutschland“ haben darum insgesamt 15 Institutionen ein spannendes und abwechslungsreiches Veranstaltungsprogramm zusammengestellt, um jüdisches Leben in der Region sichtbar und erlebbar zu machen.

Harald Scheurenberg, langjähriger Vorsitzender der Jüdischen Kultusgemeinde Minden und Umgebung, freut sich sehr über die gelungene Kooperation und die bunten und vielfältigen Angebote. Die kleine Kultusgemeinde selbst wird im Rahmen dieser Zusammenarbeit im Laufe des Jahres 2021 drei Konzerte mit vielfältiger Jüdischer Musik durchführen. Die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Minden engagiert sich seit über 60 Jahren im Dialog. Ihre Vorsitzende Nina Pape hofft daher, mit den Veranstaltungen möglichst viele Menschen zu erreichen und zu zeigen, wofür ihre Gesellschaft steht: für lebendigen Dialog, Abbau von Vorurteilen und ein gegenseitiges kennen lernen.

Peter Kock, Vorsitzender des Mindener Geschichtsvereins, freut sich ebenfalls über das vielfältige Programm. Ihm ist die Förderung der schulischen Vermittlungsangebote ein besonderes Anliegen, um einen aktiven Beitrag zur Prävention gegen Antisemitismus zu leisten. Das LWL-Preußenmuseum Minden blickt mit seiner Ausstellung ‚Jüdisch? Preußisch? Oder was?‘ auf Verflechtungen und Beziehungen: Wer wollte, konnte und sollte in Preußen jüdisch sein? Und was war überhaupt gemeint mit den vermeintlich eindeutigen Kategorien „preußisch“ und „jüdisch“?

Aus historischer Perspektive werden, so die Leiterin Dr. Sylvia Necker, Fragen nach Zugehörigkeit und Nicht-Zugehörigkeit, Herkunft und Diversität beleuchtet, die gerade heute hoch aktuell sind, nicht zuletzt vor dem Hintergrund aktueller Debatten um Antisemitismus in unserer Gesellschaft. Schließlich zeigt das Mindener Museum ab 7. Oktober die Ausstellung „Synagogen in Deutschland – Eine virtuelle Rekonstruktion“. Die Präsentation wird durch Rekonstruktionen und 3D-Drucke der 1938 zerstörten Mindener Synagoge und der noch erhaltenen Landsynagoge Petershagen ergänzt. Außerdem werden Objekte aus der 750jährigen jüdischen Kultur der Region präsentiert.

Wie Philipp Koch, Leiter des Mindener Museums und Geschäftsführer der für die Gesamtkoordination verantwortlichen Fördergesellschaft, betont, sollen Ausstellung und Kooperationsprojekt dazu beitragen, Barrieren des Kennenlernens von jüdischer Kultur und Alltagsleben abzubauen: „Die virtuelle Rekonstruktion von Synagogen, die in der NS-Zeit zerstört wurden, macht neugierig auf die vielfältige jüdische Kultur in Deutschland. Zugleich sensibilisiert sie für die Auseinandersetzung mit deutscher Geschichte und dem jüdischen Leben heute.“ Beide Ausstellungen werden als Projekte von der LWL-Kulturstiftung gefördert. Es sind zwei von 24 Projekten, die im Rahmen des Förderschwerpunktes der LWL-Kulturstiftung zum diesjährigen Festjahr „#2021 JLID – Jüdisches Leben in Deutschland“ unterstützt werden. Das vollständige Programm ist der Anlage zu entnehmen.